Grundsatzproblem beim Anwerben von Mitarbeitern (und im Marketing allgemein)
Es gibt extrem viele Kommunikationskanäle die man bespielen muss, wenn man heutzutage Menschen erreichen will. Im "analogen Zeitalter" reichte eine Anzeige im Stellenmarkt der lokalen Tageszeitung und man erhielt Bewerbungen. Heute? Facebook, Xing, Instagram, linkedin, indeed, jobware, meinestadt.de, ... Es gibt viele Plattformen, auf denen sich der potentiell neue Mitarbeiter aufhalten könnte. Ich persönlich fände es übrigens sinnlos zu versuchen, alle Kanäle bespielen zu wollen. Suchen Sie sich die aus, auf denen sie selber unterwegs sind. Mitarbeiter, die zu ihnen passen, werden dort zu finden sein.
Werden Sie als Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb sichtbar!
Viele Inhaber meinen, dass Ihre Firma existiert und draußen an der Wand ein Schild "Schreinerei" hängt reicht aus, damit den potentiellen arbeitssuchenden Schreinern klar ist, dass sie sich hier bewerben können. Allerdings ist der Zusammenhang, dass eine Firma auch Mitarbeiter braucht, vielen Menschen leider nicht zwingend bewusst. Aus diesem Grund müssen Sie in ihrem Einzugsgebiet klar kommunizieren, dass sie Arbeitgeber sind. Erst wenn sie diesen Grundsatz erkannt und akzeptiert haben, werden sie in der Lage sein ihre Situation zu verbessern.
Wie werde ich als Arbeitgeber sichtbar?
Ich möchte hier ein paar Beispiele aus meinem Berufsleben nennen, die wir so in Firmen auch erfolgreich umgesetzt haben. Die werden wahrscheinlich nicht zu 100% auf Ihre Situation passen, aber vielleicht ist eine Anregung dabei, die Sie für Ihren Betrieb auf eine neue Idee bringt (die sie gerne mit mir teilen können ;-)
Beispiel 1: Auszubildende gesucht
Ein Weg über die Auszubildenden ist die Mutter. Die geht zum Einkaufen und hat während die eigenen Sprösslinge eine Stelle suchen, alle Antennen auf Empfang. Es bietet sich somit eine Kooperation mit den Bäckern, Metzgern und Einzelhändlern in der Region an, um dort eine professionell gemachte und ansprechende Broschüre auszulegen. Die Mutter bringt das mit nach Hause und der erste Grundstein ist gelegt.
Beispiel 2: Projektleiter und Arbeitsvorbereiter gesucht
Wie kommt man an solche ran? Eine Möglichkeit ist, Hochschulen "anzuzapfen". Die hat ein großes Einzugsgebiet und gerade in Studienrichtungen wie "Innenausbau" sind viele Studenten zu finden, die auch eine Schreinerlehre absolviert haben. Diese Studenten brauchen für ihre Abschlussarbeit Firmen, in denen sie diese umsetzen können. Jedes Jahr wird auf dem Campus eine Messe veranstaltet, die Firmen mit Studenten zusammenbringt. Hier ist natürlich auch Kreativität gefragt, welche Themen man als Firma für Abschlussarbeiten anbieten könnte. Beispiele wären "Auswahlprozess für die Einführung eines neuen CAD-Software", "Erstellen eines Bauteilkataloges für standardisierte Konstruktionen", "Erstellen eines Marketingkonzepts zum erreichen neuer Kundenschichten", usw. Wenn während der Abschlussarbeit im Betrieb die Chemie stimmt und sich die Gehaltsvorstellungen unter einen Hut bringen lassen, bleiben die Absolventen gerne als Angestellte im Betrieb. Im Idealfall gehört dann die Umsetzung ihrer Abschlussarbeit zu ihrem Aufgabengebiet. Wenn sich das unter den Studenten herumgesprochen hat, werden weitere Bewerbungen folgen.
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Beispiel 3: Auszubildende gesucht II
Die Teilnahme an lokalen Ausbildungsmessen ist schon fast ein Pflichtprogramm. Im Idealfall betreiben dort die eigenen Auszubildenden einen Stand (den sie unter Anleitung selbst gestalten und bauen können) und machen Werbung auf Augenhöhe mit dem Zielpublikum. Sind die eigenen Auszubildenden von dem begeistert was sie machen, werden sie andere auch begeistern. Für Betriebe, die ihre Auszubildenden nur als billige Putz- und Hilfskraft sehen, ist dies allerdings keine sinnvolle Möglichkeit.
Beispiel 4: Mitarbeiterwerbung
Eine eigene Broschüre samt eigener Webseite nur zur Mitarbeiterwerbung. Was erst mal teuer klingt, lässt sich mit geringen Kosten umsetzten. Es gibt Firmen, die darauf spezialisiert sind, Werbematerial herzustellen und die Kosten dazu tragen die Lieferanten ihrer Kunden. Sie als Schreiner geben dieser Firma eine Liste Ihrer Lieferanten und diese inserieren dann in Ihrer Broschüre und tragen damit den Großteil der Kosten. Der Lieferant wird sich natürlich davon erhoffen, dass sie verstärkt bei ihm kaufen. Deshalb vermeide ich in dem Zusammenhang davon zu sprechen, die Mitarbeiterwerbung sei kostenlos. Wenn sie kein Geld kostet, dann zumindest eine moralische Verpflichtung gegenüber den Lieferanten. Diese Broschüre kann man dann auch wieder auslegen, verteilen, etc. die Website verlinkt man mit der eigenen, nimmt sie in seine Emailsignatur auf, soziale Medien, etc. Wie das heute halt so funktioniert.
Beispiel 5: Instastories von Auszubildenden
Das habe ich noch nicht selber ausprobiert, finde es aber eine gute Idee: Die Auszubildenden bekommen einen eigenen Instagram-Kanal auf dem sie (während der Arbeitszeit) ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Ausbildung mit anderen Teilen können. Vorteil ist hier auch wieder die Augenhöhe: Die Azubis machen Werbung bei gleichaltrigen für ihren Kanal. Nicht vergessen: Die Auszubildenden von heute sind die Facharbeiter von morgen. Kann man bei ihnen im Gedächtnis bleiben, ist schon viel gewonnen.
Natürlich gibt es auch Probleme, die man als einzelner Betrieb nur schwer lösen kann.
Problemfeld 1: Immer weniger junge Menschen werden Handwerker
Die Fachverbände versuchen zwar mit Formaten wie "born2bSchreiner" an die jungen Menschen heranzukommen, können aber derzeit die Entwicklung nicht aufhalten. Was aus meiner Sicht zu großen Teilen auch am nächsten Problemfeld liegt.
Problemfeld 2: Gehalt
Bei den Hochschulabsolventen habe ich es schon anklingen lassen: Wir schaffen es im Handwerk oft nicht mehr, den Menschen eine attraktive Entlohnung zu bieten. Leider nehmen das die meisten Chefs als gottgegebenes Schicksal hin. Mit dieser Einstellung lässt sich das Problem aber nicht lösen. Die Generation, die jetzt ins Berufsleben neu einsteigt, möchte sehr viel Freizeit haben und einen Job, bei dem man am besten mit 30 Wochenstunden auch ein gutes Leben führen kann. Die Industrie kann ihnen das bieten. Im Handwerk können wir da jetzt drüber schimpfen und frustriert sein, das bringt uns aber keinen Millimeter weiter. Und wenn ich sehe, wie sich in den aktuellen Zeiten mit einem Auftragshöchststand die Schreiner reflexhaft preislich trotzdem noch die Köpfe einschlagen, dann wäre meines Erachtens noch viel Luft vorhanden, um die Gehälter im Handwerk an die neue Marktsituation anzupassen. Die Chefs verharren in alten Reflexen, statt sich an die neuen Umstände anzupassen. Wenn das Handwerk wirklich so wichtig für die Wirtschaft ist, wie die Verbände behaupten und die Gesetzte der Marktwirtschaft stimmen (wenig Angebot = hoher Preis), dann müssen die Tariflöhne drastisch steigen.
Dabei wären auch hier kreative Lösungen möglich: Eine private Krankenzusatzversicherung für die Mitarbeiter, Fahrgeldzuschüsse, ein gemeinsames kostenloses Mittagessen pro Woche (oder mehr), ... Überhaupt ist den Menschen ein positives Arbeitsumfeld sehr wichtig geworden.
Fazit: Seien sie für potentielle Bewerber attraktiv
Die eine allheilsbringende Strategie zur Gewinnung von Mitarbeitern gibt es leider nicht. Sie müssen mit frischen Ideen Ihren eigenen Weg finden, um positiv aus der Masse herauszustechen und von potentiellen Mitarbeitern registriert zu werden. Das ist mit viel Arbeit verbunden und die Chefs von Handwerksbetrieben haben davon meist eh genug. Aber auch hier gilt Kreativität: Wenn Sie einen talentierten social media affinen Mitarbeiter haben, der von ihnen den Auftrag bekommt jede Woche innerhalb seiner Arbeitszeit eine Stunde lang die entsprechenden Kanäle zu bespielen, dann ist das keine zusätzliche Arbeit für den Chef, aber auch eine Möglichkeit damit anzufangen.
Ob ihre Strategie aufgeht, merken Sie an der Zahl der Blindbewerbungen (= sie erhalten eine Bewerbung, obwohl gar keine Stelle offiziell ausgeschrieben war). Sie sind ein Gradmesser, ob sie als attraktiver Arbeitgeber war genommen werden.
Denn eines sollte klar geworden sein: Mitarbeitergewinnung ist kein Schnellschuss! Sie werden Monate und Jahre brauchen, bis sich spürbarer Erfolg einstellt.
Deshalb kann es nur einen Zeitpunkt geben, damit anzufangen: Jetzt!
Wenn Sie sich fragen, wie Sie Ihren Mitarbeitern mehr bezahlen können, finden Sie vieleicht in folgenden Artikeln Ansatzpunkte dazu:
25% Gewinn zu verschenken?
Die zehn Todsünden eines Verkäufers
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